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Teilnehmer des 1. Beteiligtenworkshops

November 2014: Erster Projektworkshop

KVR München
Ruppertstr. 11
80337 München
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Vernunft- oder Liebesheirat?

Am Samstag, den 8. November 2014, trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von Sport- und Naturschutzverbänden, Grundeigentümern, Gemeinden und zuständigen Behörden zu einem Workshop in den Räumlichkeiten des Kreisverwaltungsreferats in der Ruppertstraße. Gemeinsam und in Kleingruppen diskutierten sie darüber, wie viel Freizeitnutzung der Naturraum im oberen Isartal südlich von München verträgt, ohne dauerhaft Schaden zu nehmen. Das Treffen wurde im Rahmen des vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten Projekts „NaturErholung Isartal im Süden von München“ organisiert, das bis 2017 unter der Trägerschaft des Landratsamts München und der Landeshauptstadt München ein Lenkungskonzept für ein verträgliches Miteinander von Freizeitnutzung und Naturschutz im Isartal erarbeiten soll.

Während im Foyer des Kreisverwaltungsreferats die Sektgläser einer Hochzeitsgesellschaft vor dem Standesamt klirrten, versammelten sich im Sitzungssaal knapp 30 Personen, um über die Zukunft des Isartals zu sprechen. „Wir freuen uns, dass Sie Ihren Samstag opfern, um mit uns an Lösungen für ein verträgliches Miteinander von Naturschutz und Freizeitnutzung im Isartal zu arbeiten“, so begrüßte Dr. Stefan Fiedl von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt München die Teilnehmer. „Vielleicht gelingt es uns am Ende des Prozesses sogar, einen Ehevertrag zwischen Naturschützern und Mountainbikern zu schließen“, fügte er in Anspielung auf die räumliche Nähe zum Standesamt hinzu. Doch nach einer Liebesheirat sieht es derzeit noch nicht aus – eher nach einer Vernunftehe. Die unmittelbar an die Münchner Stadtgrenze angrenzende Naturlandschaft im Isartal hat zwar eine hohe Bedeutung für die Naherholung der Münchner Bevölkerung. Aber Naturschutzbehörden und -verbände befürchten eine weitere Gefährdung der Lebensräume und Artenvielfalt und damit einen Verstoß gegen geltendes Naturschutzrecht, wenn die Freizeitnutzung künftig nicht besser kanalisiert und reglementiert wird. Um allzu drastische Einschränkungen zu vermeiden, beteiligen sich die Münchner Sportverbände schon seit Längerem sehr konstruktiv an dem Dialog, aus dem am Ende idealerweise beide Seiten als Gewinner hervorgehen sollen.

Der Workshop zeigte, dass es durchaus Gemeinsamkeiten in den Positionen gibt. Auch den Sportverbänden liegt der besondere Naturraum Isartal sehr am Herzen. Sie wollen die Trails abseits der Forstwege zwar weiterhin gerne nutzen, zeigen aber Verständnis dafür, dass die Natur dabei nicht zerstört und Arten aus ihrem angestammten Lebensraum verdrängt werden dürfen. Es bestand Einigkeit zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops, dass das bestehende Wegenetz ausgedünnt werden muss. Allerdings forderte Axel Rücker von der M97 des Deutschen Alpenvereins, dass Wegesperrungen nicht nur für Mountainbiker oder Trailrunner erlassen werden dürfen, sondern auch für andere Erholungssuchende wie Wanderer oder Spaziergänger mit Hunden gelten sollten. Zudem sollten die erlaubten Wege so befestigt und entwässert werden, dass Mountainbiker im Gelände künftig deutlich weniger Spuren als bisher hinterlassen. Rücker stellte in Aussicht, dass die Sportverbände den Wegebau aktiv unterstützen würden. Katharina Spannraft vom Landesbund für Vogelschutz dagegen betonte die Notwendigkeit eines Rückbaus von Wegen, um Ruhe- und Rückzugsräume für sensible Tierarten zu schaffen. Eine komplette Sperrung der Isartrails hält jedoch auch sie für keine praktikable Lösung. Wenn jedoch durch freiwillige Vereinbarungen keine Verbesserung der Situation erreicht werden sollte, plädiert sie für die Sperrung der Trails und ganzjährige Kontrollen durch die Naturschutzwacht, die zudem mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden sollte.

Werden in Zukunft Trails für Mountainbiker offiziell freigegeben, müssten diese zunächst legalisiert werden, gab Wilhelm Seerieder vom Forstbetrieb München zu bedenken. Seines Erachtens müsste es einen Träger geben, der die Wegesicherungspflicht übernehmen sowie für den Unterhalt der Trails und die Wegemarkierung sorgen würde. Denkbar wäre beispielsweise ein Zweckverband, in dem sich Gemeinden, Grundeigentümer sowie Sport- oder Tourismusverbände zusammenschließen. Michael Wagner (Landratsamt München, Untere Naturschutzbehörde) vertrat mit einigen anderen Teilnehmern die Auffassung, für den Fall der Freigabe eines Trails müsse darauf geachtet werden, gefährliche steile Felshänge oder Zonen mit hohem Totholzanteil zu meiden. So könnten Naturgefahren vermieden und Verkehrsicherungsmaßnahmen auf ein Minimum beschränkt werden.

Am Ende des Tages lobte Klaus Alt vom Landratsamt München die hohe Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten und den guten Umgang miteinander. Er bat die Anwesenden, sich auch weiterhin konstruktiv in den Prozess einzubringen. Der nächste Workshop ist für April 2015 geplant. Bis dahin sollen diverse Veranstaltungen im Winterhalbjahr das Bewusstsein für die Sensibilität des Naturraums im Isartal schärfen und Verständnis für die Bedürfnisse der jeweils anderen Interessensgruppen wecken. Gleichzeitig erarbeitet das Planungsbüro ifuplan erste Vorschläge für potentielle Routen für Mountainbiker und Trailrunner, welche die sensiblen Arten und Lebensräume im Isartal möglichst wenig beeinträchtigen. Auch erste gemeinsame Ortsbegehungen zu konkreten Themen sind geplant. Vielleicht wird aus der Vernunftehe am Ende doch noch eine Liebesheirat, wenn sich Uhu, Waldlaubsänger und Co. in beruhigten Zonen entfalten können, während Mountainbiker ihrem Hobby auf einem reduzierten, dafür aber gepflegtem Wegenetz nachgehen können, ohne durch Matsch und Pfützen fahren zu müssen.