Forstwirtschaft versus Freizeitnutzung im Isartal
Das obere Isartal ist nicht nur ein europarechtlich geschütztes Natura-2000-Gebiet, sondern auch ein wichtiges Naherholungsgebiet im Großraum München. In Teilbereichen findet zudem eine forstwirtschaftliche Nutzung statt. Die Anforderungen des Naturschutzes, der Freizeitnutzung und der Forstwirtschaft treffen hier also direkt aufeinander – entsprechend lassen sich Konflikte nicht immer vermeiden. Um die jeweiligen Interessensgruppen miteinander ins Gespräch zu bringen, lud das Projektteam am 20. Januar 2015 zu einem Vortrag von Helmut Knauer im Bürgerhaus Pullach, der Einblicke in die Forstwirtschaft im oberen Isartal gewährte.
Nach einer Begrüßung von Dr. Ralph Baasch (Leiter der Abteilung „Umwelt“ in der Gemeinde Pullach) und einer Einführung von Florian Lintzmeyer (Koordinator im Projekt „NaturErholung Isartal“) machte Referent Knauer zunächst klar, dass er nicht die Gegensätze zwischen Forstwirtschaft und Freizeitnutzung betonen, sondern vielmehr die gemeinsamen Ziele im Auge behalten wolle, nämlich den Erhalt stabiler Wälder, welche trotz Klimawandel und vermehrter Sturmereignisse unterschiedliche Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen erfüllen sollen. „Förster sind keine rein ökonomisch denkenden Fichten-Bewirtschafter“, so Knauer. „Sie bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Ökologie, Ökonomie, Jagd, Naturschutz und Freizeitnutzung.“
Laut Knauer werden in Bayern etwa 21 Millionen Festmeter Holz pro Jahr eingeschlagen und damit 38 Milliarden Euro Umsatz erzielt sowie etwa 200.000 Menschen beschäftigt. Die Forstwirtschaft ist damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Freistaat. Doch laut Bayerischem Waldgesetz haben Förster nicht nur dafür zu sorgen, dass dauerhaft ausreichend Holz geerntet werden kann, sie müssen auch die Erholung in unseren Waldgebieten ermöglichen und fördern. Denn in Deutschland ist es allen erlaubt, im Wald spazieren zu gehen – auch in privaten Wäldern. Dieses grundsätzliche Betretungsrecht darf nur dann eingeschränkt werden, wenn es den Belangen der Grundstückseigentümerinnen und Eigentümer zuwider läuft, wenn also beispielsweise Schäden am Waldboden oder an den Bäumen entstehen.
In den meist feuchten Böden der Isarauen hinterlassen insbesondere Mountainbikerinnen und Mountainbiker viele Spuren – ein Ärgernis für Grundbesitzerinnen und Grundbesitzer sowie Naturschutzgruppen. Doch sind diese Spuren nicht vernachlässigbar im Vergleich zu den Schneisen der Verwüstung, die Holzernte-Maschinen („Harvester“) in den Wäldern hinterlassen, fragen sich so manche Sportlerinnen und Sportler. „Früher, als die Bevölkerung noch mehr Verständnis für die Urproduktion hatte, gab es kaum Beschwerden über Forstarbeiten in den Wäldern“, weiß Knauer. „Heute hagelt es häufig harsche Kritik, wenn die Spuren der Holzernte im Gelände zu sehen sind – wie etwa im Dezember 2013 zwischen Großhesselohe und Pullach.“ Knauer machte klar, dass Grundbesitzerinnen und Grundbesitzer ihre Wälder ordnungsgemäß bewirtschaften dürfen und teilweise sogar dazu verpflichtet sind, wie z. B. bei der Verkehrssicherung. Die Maßnahme im Dezember 2013 sei jedoch von der Umsetzung her qualitativ nicht gut gemacht gewesen. Er forderte die Forstwirtschaft auf, die Öffentlichkeit künftig besser über notwendige Maßnahmen im Wald und deren Umsetzung aufzuklären. Als Beispiel nannte er die Arbeit mit einem Harvester: Laut Bayerischen Waldgesetz müssten unabhängig vom Harvester-Einsatz aus Bodenschutzgründen Rückegassen im Wald angelegt werden. Während der Boden bei diesem Vorgehen auf den Gassen trotz Reisigmatte verdichtet würde, bliebe der Großteil der Waldfläche unberührt, im Gegensatz zu früheren Bewirtschaftungsformen. Erfahrene Fahrerinnen und Fahrer würden mit einem Harvester weniger Schäden im Wald verursachen als bei der Fällung mit der Motorsäge, die zudem gerade an den Isarhängen ein hohes Sicherheitsrisiko für die Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter darstellen würde. Um massive Schäden im Wald zu vermeiden, müsste die Ausbildung insbesondere der kleinen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer und der Forstunternehmen verbessert sowie eine Beratung durch neutrale Institutionen angeboten werden.
Im Rahmen der Diskussion stellte sich die Frage, ob die Wälder im Isartal unbedingt bewirtschaftet werden müssen oder nicht besser sich selbst überlassen werden, wie etwa im 16 Hektar großen Naturwaldreservat Geuderleite. Knauer wies darauf hin, dass eine Ausweitung der Fläche der bestehenden Naturwaldreservate in Bayern politisch zu klären sei. Gleichzeitig betonte er, dass die Bewirtschaftung der Wälder im Isartal nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten durchgeführt werde. Es sei eher eine Pflege der Wälder, die notwendig sei, um eine Verjüngung der natürlich vorkommenden Baumarten wie z.B. Buchen zu ermöglichen und die Erosionsgefahr an den Hängen durch umstürzende Altbäume einzudämmen.
Zusammenfassend appellierte Knauer an alle, folgende Punkte zu berücksichtigen:
- Wichtig sei ein vernünftiges Miteinander aller Interessensgruppen; unterschiedliche Meinungen sollten diskutiert und nicht mit Aggression quittiert werden.
- Freizeitnutzerinnen und Freizeitnutzer sollten auch Verständnis für die Grundstückeigentümerinnen und Eigentümer entwickeln und Schilder im Gelände (z.B. Stopp – Forstarbeiten) ernst nehmen, denn sie begeben sich sonst in Lebensgefahr.
- All diejenigen, die Holz verwenden wollen (z.B. Möbel, Hausbau, Pellet-Heizung), sollten die Bewirtschaftung unserer Wälder akzeptieren. Gleichzeitig müssen Unternehmerinnen und Unternehmer in die Pflicht genommen werden so zu arbeiten, dass bei der Holzentnahme keine massiven Schäden im Gelände entstehen.
- Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sollten Kommunikationsstrategien entwickeln, um eine größere Akzeptanz der Maßnahmen in der Öffentlichkeit zu erreichen.
- Alle – sowohl Freizeitnutzerinnen und Freizeitnutzer als auch Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter – sollten Schäden im Wald vermeiden und grundsätzlich so wenig Spuren wie möglich hinterlassen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Helmut Knauer für den informativen Abend!
Vortrag von Helmut Knauer, Mitarbeiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ebersberg.
Vortragspräsentation Forstwirtschaft und Freizeitnutzung