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Naturverträglich Mountainbiken – wie geht das?

Festsaal im Haus des Alpinismus des DAV
Praterinsel 5
80538 München
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Die große Beliebtheit des oberen Isartals für den Freizeitsport beobachten Umweltgruppen und Naturschutzbehörden schon seit Längerem mit großer Sorge. Das immer dichter werdende und stark frequentierte Wegenetz beeinträchtigt Tiere, Pflanzen und Lebensräume im europarechtlich geschützten Flora-Fauna-Habitat-Gebiet. Aktuell soll das vom Landkreis und der Stadt München getragene Projekt „NaturErholung Isartal“ durch Lenkungsmaßnahmen Entlastung für das Naturjuwel vor den Toren der Stadt bringen. Für die Zukunft heißt das: Mountainbiken im Isartal ja, aber naturverträglich!

Was unter naturverträglichem Mountainbiken zu verstehen ist, erklärt Matthias Laar, Sportwissenschaftler und Mitglied im Bundeslehrteam Mountainbike des Deutschen Alpenvereins (DAV), am 25. März 2015 in einem Vortrag im Alpinen Museum in München. „Unserem Verein ist es ein großes Anliegen, Naturschutz und Sport in Einklang zu bringen“, so begrüßt Jörg Ruckriegel, Ressortleiter Natur- und Umweltschutz beim DAV, als Hausherr die Gäste des Abends. „Beim Skibergsteigen oder Klettern konnten wir in der Vergangenheit bereits viel für den Naturschutz erreichen. Im Bereich Mountainbiken gibt es jedoch noch Handlungsbedarf.“

Das Mountainbiken hat sich seit den 1970er und 80er Jahren von einer Trendsportart zu einem etablierten Sport entwickelt. Aktuell nutzen etwa drei Millionen Deutsche ihr Mountainbike häufig, etwa neun Millionen üben den Sport hin und wieder aus, weiß Laar zu berichten. Diese Zahlen stagnieren seit einigen Jahren. Eine gute Nachricht für den Naturschutz? „Jein“. Denn auch wenn die Mountainbikerinnen und Mountainbiker nicht mehr werden, viele geben sich heutzutage nicht mehr mit Forststraßen zufrieden. Ausgerüstet mit immer besserer Technik suchen sie die Herausforderung – auch im stadtnahen Isartal. Peter Dill, Vertreter der Sportverbände im Projekt „NaturErholung Isartal“, ist sich jedoch sicher, dass das Gebiet nicht nur wegen seiner abwechslungsreichen Trails, sondern auch wegen der besonderen Naturschönheit beliebt ist. Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen einer Umfrage des DAV. Demnach nutzen die Vereinsmitglieder ihr Moutainbike nicht nur, um sich auszupowern, Leistung zu erbringen und Geschwindigkeit zu erleben, sondern auch, um gemeinsam mit Freunden oder der Familie Natur und Ruhe zu genießen. Das Résumé von Peter Dill: „Die Menschen wollen im Isartal Mountainbike fahren, aber sie wollen es nicht kaputt fahren“.

Aber was heißt das nun konkret? Wie verhindern wir, dass das Isartal „kaputt gefahren“ wird? Eine Möglichkeit besteht darin, die Sportlerinnen und Sportler gut auszubilden. Denn je besser eine Person fahren kann, umso weniger Spuren hinterlässt sie im Gelände, meint Laar. Technikkurse, wie sie der DAV oder der MTB-Club München anbieten, sind also ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem naturverträglichen Verhalten im Gelände. Neben der Technik werden in den Kursen auch wichtige Grundprinzipien im Umgang mit der Umwelt vermittelt. Beispielsweise geht es darum, Regeln zu kennen und zu akzeptieren, mehr zu kommunizieren statt zu provozieren und Verantwortung vorzuleben – auch, um das Image der Mountainbikerinnen und Mountainbiker in der Gesellschaft zu verbessern.

Mit ihren zahlreichen Kursangeboten tragen die Sportverbände also dazu bei, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für sicheres und umweltverträgliches Mountainbiken zu gewinnen. Doch dafür brauchen sie mehr Übungsflächen – vor allem in Stadtnähe. „Es reicht ein Bolzplatz oder eine Wiese mit Hügel“, beruhigt Laar, „hierfür müssen wir nicht in das sensible Isartal fahren“. Er gibt zu bedenken, dass viele Sportlerinnen und Sportler von den Bildern geprägt sind, die über Fachmedien wie z.B. Mountainbike-Magazine vermittelt werden. Dort wird gezeigt, dass es cool ist, wenn der Dreck spritzt oder man mit Stirnlampe nachts zum Biken ins Gelände geht. Woher soll also das schlechte Gewissen kommen, wenn jemand im Isartal durch die Pfützen heizt oder an Baumwurzeln entlang schrammt? „Die Wahrnehmung und Informationsverarbeitung ist immer selektiv“, weiß Laar. „Alles, was wir wahrnehmen, basiert auf Erfahrung und Wissen“. Demnach werden all diejenigen, die nichts von der Existenz von Amphibien, Schlangen oder bodenbrütenden Vögeln im Isartal wissen, diese Tiere auch nicht wahrnehmen. Und folglich haben sie auch kein schlechtes Gewissen, wenn sie auf den engen Trails durch das Gebüsch fahren, egal ob tagsüber oder nachts.

Damit ist klar: Wenn die angestrebte Lenkung im Projekt „NaturErholung Isartal“ erfolgreich sein soll, muss die Wahrnehmung der Mountainbikerinnen und Mountainbiker verändert werden. Dies geschieht am besten durch Kommunikation auf Augenhöhe – also beispielsweise im Rahmen einer Ausbildung oder durch Fachmedien. Als weniger erfolgreich schätzt der Referent dagegen Verbotsschilder oder Belehrungen von Naturschützerinnen und Naturschützer im Gelände ein. Laar plädiert dafür, im Isartal einen Trail auszuweisen, der so attraktiv ist, dass niemand von ihm abweichen will. Im Gegenzug sollen Wege in sensiblen Bereichen gesperrt werden. Im Trend sind so genannte „flow trails“, also schmale Wege ohne große Schwierigkeiten, die aber Kurven und kleine Buckel aufweisen und damit je nach Fahrgeschwindigkeit unterschiedlichen Ansprüchen genügen. Um dieses Ziel zu erreichen bieten die Sportverbände weiterhin ihre Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden und Umweltgruppen an.

Wir danken Herrn Laar für seinen Vortrag, seine Anregungen und die rege Diskussion mit den Gästen, und dem DAV für die freundliche Beherbergung im Sitzungssaal des Alpinen Museums.